Investigations on the use of defined co-cultures for the consolidated bioprocessing of cellulose to itaconic acid

Schlembach, Ivan Bernd Maria; Agler-Rosenbaum, Miriam (Thesis advisor); Blank, Lars Mathias (Thesis advisor)

Aachen (2019)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2019

Kurzfassung

Pflanzliche Biomasse ist ein nahezu unerschöpflicher nachwachsender Rohstoff und hat das Potential fossile Rohstoffe für die nachhaltige Produktion von Kraftstoffen, diversen Polymeren und anderen Chemikalien zu ersetzen. Ein wichtiger Zwischenschritt dabei ist die Umwandlung von Lignocellulose in sogenannte "Plattform-Chemikalien", welche dann als Vorstufen für die Produktion verschiedenster Endprodukte dienen können. Die Größte Herausforderung dabei ist die große Widerstandsfähigkeit von Lignocellulose gegenüber chemischen und biologischen Transformationsprozessen. Ein mögliches Konzept für die Verwertung von Lignocellulose ist die enzymatische Verzuckerung der darin enthaltenen Polysaccharide in monomere Zuckereinheiten, welche anschließend als Substrat für diverse Fermentationsprozesse dienen können. Obwohl technisch möglich, ist dieser Prozess jedoch ökonomisch wenig effizient. Die Notwendigkeit dreier separater Prozessschritte (Produktion cellulolytischer Enzyme, Verzuckerung des Ausgangsmateriales und Fermentation der gewonnen Zucker zum Zielprodukt) verursacht hohe Kosten. Die Implementierung aller drei Prozesse in einen einzigen konsolidierten Bioprozess (CBP) wird daher als Schlüsseltechnologie angesehen, um die Nutzung von Lignocellulose ökonomisch rentabel zu machen.Das Ziel dieser Arbeit war die Etablierung eines CBP für die direkte Umwandlung von Cellulose in die Plattform-Chemikalie Itakonsäure. Da kein einzelner Organismus bekannt ist, welcher sowohl ausreichend cellulolytische Enzyme als auch Itakonsäure produzieren kann, stand die Etablierung einer Mischkultur hierbei im Fokus. Diese sollte aus einem spezialisierten Cellulase-Produzenten und einem spezialisierten Itakonsäure-Produzenten bestehen. Dabei wurde der zurzeit bereits industriell genutzte Pilz Aspergillus terreus nach anfänglichem Vergleich alternativer Mikroorganismen als Itakonsäure-Produzent ausgewählt. Die Itakonsäure-Produktion mit A. terreus erfordert jedoch die Erfüllung spezieller Grundvoraussetzungen. Diese Umfassen einen strikten Manganmangel, einen niedrigen fermentations-pH, eine hohe initiale Zuckerkonzentration und eine ununterbrochene Sauerstoffversorgung. Daher wurde zunächst ausgearbeitet, welche Probleme sich bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen in dem angestrebten CBP Prozess ergeben und wie diese gelöst werden können.Dabei konnte gezeigt werden, dass die starke Sensitivität gegenüber Mangan eine außergewöhnlich hohe Reinheit der Cellulose Substrate erfordert. Mangankonzentration von nur 22 µg/L reduzierten die Itakonsäure Produktion bereits um mehr als 90%. Reine α-Cellulose in Laborqualität enthielt genügend Mangan um die Itakonsäure Produktion komplett zu inhibieren. Die einzige Möglichkeit, in Gegenwart von α-Cellulose Itakonsäure zu produzieren war daher eine intensive Aufreinigung der Cellulose mithilfe von verdünnter Schwefelsäure, welche das Mangan effektiv aus der Cellulose entfernte. Da der optimale pH-Wert zur Produktion von Itakonsäure (pH 3.4) weit niedriger ist als der optimale pH kommerzieller Cellulase Enzyme (4.5), wurde nach alternativen Cellulase Produzenten gesucht, welche besser an einen solch niedrigen pH angepasst sind. Hierbei wurde Penicillium verruculosum als eine viel versprechende Alternative zu dem besten öffentlich verfügbaren Cellulase Produzenten Trichoderma reesei Rut-C30 identifiziert. In Schüttelkolbenversuchen erreichte P. verruculosum höhere Zuckerfreisetzungsraten, eine schnellere Enzyminduktion und eine verbesserte Cellobiase Aktivität unter den anvisierten Prozessbedingungen. Ein weiteres Problem stellte jedoch der zur Initiation der Itakonsäure Produktion in A. terreus notwendige pH von unter 2 dar. Untersuchungen ergaben, dass ein solch niedriger pH die Cellulase Enzyme sowohl von T. reesei als auch von P. verruculosum irreversibel inaktiviert. Auch die Voraussetzung einer Zuckerkonzentration von über 120 g/L zur effizienten Induktion der Itakonsäure Produktion war inkompatibel mit dem angestrebten CBP Konzept. Eine solche Zuckermenge ist jedoch erforderlich, um eine hohe Ausbeute an Itakonsäure mit A. terreus zu gewährleisten. Im Zuge dieser Arbeit wurden neue Methoden zur Vorhersage und Messung der Zuckerfreisetzungsrate während eines CBP entwickelt. Der Einfluss der Cellulose Konzentration und des Enzyme/Substrat Verhältnisses wurden systematisch untersucht. Die Zuckerfreisetzungsrate verhält sich dabei direkt proportional zur Cellulose Konzentration, jedoch lediglich proportional zum Logarithmus des Enzyme/Substrat Verhältnisses. Daher ist die Erhöhung der Zellulose Konzentration während des Prozesses die effektivste Möglichkeit die Zuckerfreisetzrate zu erhöhen. Die praktisch nutzbare Cellulose Konzentration wird jedoch durch die hydro-mechanischen Eigenschaften der Cellulose-Schlämme beschränkt. Die Erhöhung der Feststoffkonzentration erschwert das gleichmäßige mischen und belüften des Reaktors. Dies steht im direkten Konflikt mit der zuvor erwähnten Grundvoraussetzung der Itakonsäure Produktion, eine kontinuierliche Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. Ohne Sauerstoff kann die Produktion innerhalb von Minuten zum Erliegen kommen. Des Weiteren wurde die Cellulose-Verdaubarkeit als ein dritter Faktor identifiziert, welcher die Zuckerfreisetzrate stark beeinflusst. Es wurde gezeigt, dass die Verdaubarkeit der Cellulose im Verlauf der Kultivierung drastisch sinkt, dieser Effekt stellt damit ein Hauptproblem zur Erhaltung einer kontinuierlich hohen Zuckerfreisetzungsrate dar. Auch unter optimistischen Annahmen und bei Einsatz außergewöhnlich hoher Enzymmengen von über 250 FPU/g ist daher eine Akkumulation ausreichend hoher Zuckerkonzentrationen unwahrscheinlich.Um einigen der erwähnten Herausforderungen zu begegnen, wurde versucht die angestrebte Co-Kultur sequenziell durchzuführen. Zunächst wurde der Cellulase-Produzent im Fed-batch Betrieb kultiviert, um hohe Cellulase Titer zu akkumulieren. Anschließend wurden große Mengen säure gewaschener Cellulose zugegeben und die Fermentationstemperatur erhöht, um vermehrt Zucker freizusetzen. Zuletzt wurde eine vor-induzierte Vorkultur von A. terreus zugegeben, die mit einer Glukosekonzentration von 125 g/L und unter niedrigen pH Bedingungen angezogen wurde. Als cellulolytische Partner Organismen dienten hierbei jeweils entweder T. reesei oder P. verruculosum. Obwohl hohe Cellulase Titer von mehr als 11 FPU/mL erreicht wurden und Cellulose-Konzentrationen von bis zu 120 g/L eingesetzt wurden, konnte nur maximale Zuckermengen von 22.5 g/L und 0.3 g/L Itakonsäure produziert werden. Die P. verruculosum enthaltende Co-kultur produzierte keine nachweisbare Menge an Itakonsäure. Neben den allgemeinen Produktionseigenschaften der Einzelorganismen, sind auch Ihre Interaktionsmuster entscheidend. Es wurden verschiedene Methoden entwickelt, um die Populationsdynamik in einer Model Co-Kultur zwischen A. terreus und T. reesei voneinander unabhängig zu quantifizieren. Beide Organismen wurden durch rekombinante Expression verschiedenfarbiger Fluoreszenzproteine markiert. Fluoreszenzmikroskopische Bildanalyse und online Fluoreszenz Messungen erwiesen sich als günstige und schnelle Methoden zur Untersuchung von Mischkulturen. Die generierten Resultate wurden durch unabhängige qPCR-basierte Messungen validiert. Die Untersuchungen zeigten, dass weder T. reesei noch P. verruculosum eine stabile Mischkultur zusammen mit A. terreus bilden. Stattdessen wurde jeweils einer der beiden Organismen verdrängt. A. terreus ist dabei dominanter als T. reesei, während P. verruculosum zur Verdrängung von A. terreus führt. Die präsentierten Resultate belegen, dass ein A. terreus basierter CBP nicht praktikabel ist, außer alle hier erwähnten Herausforderungen werden zuvor gelöst. Stattdessen sollten andere Organismen untersucht werden, die in der Lage sind Itakonsäure unter Bedingungen zu produzieren, welche besser mit den Prinzipien eines CBPs vereinbar sind. In diesem Zusammenhang wurden erste Tests mit einem genetisch modifizierten Ustilago maydis Stamm durchgeführt. Dieser alternative Itakonsäure-Produzent zeigte dabei vielversprechende Ergebnisse im Zuge einer simultanen Verzuckerung und Fermentation (SSF). So konnten sowohl unter Verwendung von leichtverdaulicher Sigmacell Cellulose als auch mit der schwer verdaulichen α-Cellulose mehr als 18 g/L Itakonsäure direkt produziert werden. Dies ist der höchste bisher dokumentierte Itakonsäure Titer, welcher je im SSF Aufbau erzielt wurde. Weiterhin wurden im Rahmen dieser Arbeit wichtige neue Methoden zum generellen Aufbau und zur Charakterisierung von Mischkultur basierten CBP entwickelt, welche nun für die zukünftige Entwicklung neuer CBPs zur Verfügung stehen.

Einrichtungen

  • Fachgruppe Biologie [160000]
  • Lehrstuhl für Angewandte Mikrobiologie [161710]

Identifikationsnummern

Downloads