Enzyme stabilization in ionic liquids and at elevated temperatures
Pramanik, Subrata; Schwaneberg, Ulrich (Thesis advisor); Blank, Lars M. (Thesis advisor)
Aachen (2020)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2020
Kurzfassung
Enzyme werden in der Lebensmittelverarbeitung, Landwirtschaft, Tierernährung, Kosmetik, Biokraftstoffen, Pharmazeutika und der chemischen Industrie eingesetzt. Enzyme, die von der Natur konzipiert sind, funktionieren oft nicht effizient unter den erforderlichen Betriebsbedingungen wie erhöhten Temperaturen und dem Vorhandensein von ionischen Flüssigkeiten (ILs) oder organischen Lösungsmitteln zur kostengünstigen Herstellung von Chemikalien oder Pharmazeutika. Daher stellt die Enzymstabilisierung einen wesentlichen und oft obligatorischen Schritt dar, um ihre katalytischen Funktionen unter gewissen Anwendungsbedingungen nutzen zu können. In dieser Hinsicht sind viele Protein-Engineering-Strategien erfolgreich angewandt worden, um die Enzymresistenz gegenüber ILs und erhöhten Temperaturen maßzuschneidern; die Ableitung allgemeiner Prinzipien auf molekularer Ebene für ein effizientes Reengineering von Enzymen ist jedoch nicht gefestigt. Ein tieferes molekulares Verständnis der Enzymstabilität gegenüber ILs und erhöhten Temperaturen kann daher das effiziente Enzym-Engineering erleichtern. In dieser Perspektive waren die Hauptziele dieser Arbeit (i) die Aufklärung der molekularen Wechselwirkungen der Bacillus subtilis Lipase A (BSLA) mit ILs zur Verbesserung der ihrer Stabilität in ILs und (ii) das rationale Design thermostabiler Varianten sowie die experimentelle Validierung und Etablierung der Struktur-Funktionsbeziehung der Endoglucanase II (EGL-II) aus Penicillium verruculosum. Molekulardynamik-Simulationen (MD) wurden angewandt, um die Wechselwirkungen zwischen BSLA und vier häufig verwendeten Imidazolium-basierten ILs (1-Butyl-3-methylimidazolium (BMIM+)-Kation mit Cl-, Br-, I- und TfO--Anionen) zu untersuchen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gesamtkonformation der BSLA in Gegenwart von BMIM+-basierten ILs (bei Konzentrationen von ~10-19% v/v) stabil blieb. Die molekularen Verteilungen der IL-Ionen zeigten vorherrschende Oberflächenwechselwirkungen der BMIM+-Kationen auf der BSLA-Oberfläche durch hydrophobe und π-π-Wechselwirkungen. Die Verminderung der BSLA-Aktivität in Gegenwart von ILs wurde hauptsächlich den dominanten Oberflächenwechselwirkungen der BMIM+-Kationen zugeschrieben, die den wesentlichen Kontakt von Wassermolekülen mit der BSLA-Oberfläche vermindern. Zu diesem Zweck zeigte der Vergleich der Ergebnisse von MD-Simulationen mit der experimentellen BSLA-Bibliothek für die ganzheitliche Sättigungsmutagenese (die die als BSLA-SSM-Bibliothek bezeichnete positionelle vollständige natürliche Aminosäurenvielfalt umfasst), dass die meisten vorteilhaften Positionen, die zur Verbesserung der Resistenz beitragen, in den BMIM+-Bindungsregionen liegen. Anschließend zeigte eine umfassende Analyse der BSLA-SSM-Bibliothek, dass die Resistenz der BSLA in ILs sowohl durch Substitutionen positiv als auch negativ geladener Oberflächenreste erreicht werden kann. Um die molekulare Grundlage für diese experimentellen Ergebnisse zu verstehen, wurden MD-Simulationen durchgeführt, um die Auswirkungen dieser eingebrachten Substitutionen an geladenen Aminosäurepositionen auf die Verbesserung der Resistenz der BSLA in [BMIM][Cl] zu verstehen. Hierbei wurde festgestellt, dass das Einbringen von positiven und negativen Substitutionen von geladenen Seitenketten eine entgegengesetzte elektrostatische Wirkung gegenüber BMIM+-Kationen bzw. Cl--Anionen zeigten. Die BMIM+-Kationen zeigten im Vergleich zu Cl--Anionen vorherrschende Oberflächenwechselwirkungen mit dem Wildtyp BSLA und seinen Varianten. Die vorteilhaften Effekte von Substitutionen an geladenen Aminosäurepositionen bei der Verbesserung der Resistenz der BSLA konnten hauptsächlich auf die Rückgewinnung von essentiellen Wassermolekülen in der Solvatisierungsschale der Substitutionsstellen zurückgeführt wurden. Die erzielten Ergebnisse zeigten, dass die Reduzierung der BMIM+-Bindung und die Rückhaltung der essentiellen Wassermoleküle durch Oberflächenladung die Resistenz der BSLA und höchstwahrscheinlich strukturell ähnliche β/β-Hydrolasen in ILs verbessern könnte. Lignocellulose-Biomasse ist eine der am meisten verfügbaren und erneuerbaren Ressourcen in der Bioökonomie. EGL-II ist eines der essentiellsten Enzyme in den Multi-Cellulase-Cocktails, die Lignocellulosen synergistisch hydrolysieren. Die Thermostabilität ist jedoch ein Schlüsselthema der EGL-II-Anwendung für eine effiziente Lignocellulose-Hydrolyse unter den industriell erforderlichen erhöhten Temperaturen. In dieser Studie wurden zwei rationale Strategien angewandt, um thermostabile Varianten zu entwerfen, experimentell zu validieren und die Struktur-Funktions-Beziehung der thermostabilen Varianten von EGL-II aus P. verruculosum zu ermitteln. Zunächst wurde die Konstruktion strukturgeführter Disulfidbindungen (DSBs) angewandt, und es wurden zwei Varianten S127C-A165C (DSB2) und Y171C-L201C (DSB3) identifiziert. Diese Varianten zeigten im Vergleich zum Wildtyp EGL-II einen 15-21%igen Anstieg der spezifischen Aktivität gegen Carboxymethylcellulose (CMC) und β-Glucan. Nach zweistündiger Inkubation bei 70 °C behielten die DSB-Varianten 52-58% ihrer Aktivität gegenüber beiden Substraten bei, während der Wildtyp EGL-II nur 38% seiner Aktivität beibehielt. Bei 80 °C behielten die DSB2- und DSB3-Varianten nach 2 Stunden 15-22 % ihrer Aktivität bei, während der Wildtyp EGL-II nach der gleichen Inkubationszeit vollständig inaktiviert war. Darüber hinaus zeigten die MD-Simulationen, dass die eingeführten DSBs die Gesamtstruktur der Varianten versteiften und dadurch ihre Thermostabilität verbesserten. Zweitens wurden sequenz- und strukturbasierte Strategien angewandt, um die Wirkung der eingebrachten Substitutionen an Prolin und fünf zusätzlich identifizierten Varianten zu untersuchen: E34P, L75P, T115P, S256P und S308P. Diese Varianten wurden unter Verwendung von Gersten-β-Glucan-Substrat bei verschiedenen Temperaturen im Bereich von 50-95 °C auf Thermostabilität untersucht. Von diesen Varianten zeigte die am stärksten stabilisierende Variante S308P eine 4- und 2,4-fache Erhöhung der Halbwertszeit (t1/2) bei 70 °C und 80 °C im Vergleich zum Wildtyp EGL-II, wobei die spezifische Aktivität erhalten blieb. Anschließend zeigten MD-Simulationen, dass Substitution S308P die C-terminale Region stabilisierte, indem es eine Konformationsänderung (I301-Y313) im benachbarten Rest I309 induzierte, die eine neue H-Bindung mit E263 der nahe gelegenen α-Helix bildet. Diese Ergebnisse zeigen, dass DSBs und Prolin-Engineering ein wirksamer und nützlicher Ansatz zur Verbesserung der Thermostabilität der EGL-II und höchstwahrscheinlich strukturell ähnlichen (α/β)8-Fass-Hydrolasen sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Arbeit das Wissen zur Verbesserung der Resistenz der BSLA in ILs und der Thermostabilität von EGL-II erweitert hat. Im ersten Teil öffnete das molekulare Verständnis der Wechselwirkungen von Imidazolium-basierten ILs mit der BSLA und ihren Substitutionen durch geladene Aminosäuren den Weg zur Technik der gezielten Oberflächenladung durch Einführung positiv geladener Aminosäuren, die gleichzeitig essentielle Wassermoleküle zurückhalten sowie die Wechselwirkung von IL-Ionen verhindern und dadurch die Beständigkeit/Stabilität der BSLA und strukturell ähnlichen α/β-Hydrolasen in ILs verbessern könnten. Im zweiten Teil stellen DSBs und Prolin-Engineering effiziente Ansätze zur Anpassung der Thermostabilität der EGL-II dar, die für strukturell ähnliche (α/β)8-Fass-Hydrolasen allgemein anwendbar sein könnten. Computergestützte DSBs und Prolin-Engineering sind effiziente enzymtechnische Strategiealternativen zu reinen experimentellen Ansätzen, da letzteres kostspielig und zeitaufwendig für das Engineering der Enzymstabilität ist. Zusammengenommen sind DSBs und Prolin-Engineering wirksame Ansätze für das Thermostabilitäts-Engineering der EGL-II und strukturell ähnlichen (α/β)8-Fass-Hydrolasen, die für den enzymatischen Abbau von lignozellulosehaltiger Biomasse für die nachhaltige Produktion von wertschöpfenden Chemikalien und Biokraftstoffen äußerst wichtig sind. Darüber hinaus ebnen diese Ergebnisse den Weg für eine systematische Analyse der Wirksamkeit und Additivität von DSBs und Prolin-Engineering zur Stabilisierung von Enzymen unter den für ihre biotechnologischen Anwendungen unnatürlichen Bedingungen. Dadurch kann potentiell ein breiteres Anwendungsgebiet erschlossen werden.
Einrichtungen
- Fachgruppe Biologie [160000]
- Lehrstuhl für Biotechnologie [162610]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2020-08757
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2020-08757