Untersuchungen zur elektrochemischen Regulation der Musterbildung im Ovar von Drosophila melanogaster
- Investigations on the electrochemical regulation of pattern formation in the ovary of Drosophila melanogaster
Schotthöfer, Susanne Katharina; Bohrmann, Johannes (Thesis advisor); Spehr, Marc (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2021)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2021
Kurzfassung
Entwicklungs- und Regenerationsprozesse werden unter anderem von interzellulären bioelektrischen Signalen gesteuert. Dabei nehmen zellübergreifende Membranpotential (Vmem)- und intrazelluläre pH-Wert (pHi)-Änderungen, wie elektrochemische Gradienten, Einfluss auf Zytoskelettorganisation und planare Zellpolarität. Der Schwerpunkt dieser Arbeit besteht darin, einige der Regulation zugrundeliegenden Ionentransportmechanismen und Signalwege zu identifizieren und bereits früher gewonnene Erkenntnisse einer erneuten Analyse mittels genetisch basierter Methoden zu unterziehen. Die Festlegung der Achsenpolarität gehört zu den Entwicklungsprozessen, für die eine elektrochemische Regulation belegt ist und Korrelationen zwischen bioelektrischer Polarität und Zytoskelettpolarität angenommen werden. Im Rahmen dieser Arbeit konnten eindeutige Belege dafür gefunden werden, dass im Wildtyp von Drosophila und in der Achsenpolaritätsmutante gurken (grk) bioelektrische Polarität und Zytoskelettpolarität in einer engen Beziehung zur Achsenpolarität während der Oogenese stehen. Aufgrund einer gestörten anterior-posterioren (A-P)-Polarität in grk zeigte das Follikelepithel (FE) im Stadium 9 einen signifikant flacheren A-P-Vmem-Gradienten als der Wildtyp und Veränderungen in der Zytoskelettorganisation. Am deutlichsten waren die Unterschiede bei der Entstehung der dorsal-ventralen (D-V)-Polarität im Stadium 10B zu erkennen. Während im Wildtyp gleichzeitig mit einer morphologischen D-V-Polarität deutliche D-V elektrochemische Gradienten und charakteristische stadienspezifische basale Mikrofilament- und Mikrotubuli-Muster auftraten, fehlten transversale elektrochemische Gradienten und charakteristische Zytoskelett-Muster ebenso wie eine morphologische D-V-Polarität in grk. Daraus lässt sich ableiten, dass eine fehlende Signalgebung über Grk-EGFR Einfluss auf die asymmetrische Verteilung oder Aktivierung von Ionentransportmechanismen und Gap Junctions nimmt. Als Folge werden elektrochemische Gradienten beeinflusst, bestimmte Veränderungen in der Organisation des Zytoskeletts bleiben aus und die Morphologie des FE ändert sich. Bereits identifizierte Ionentransportmechanismen im FE wurden unter Verwendung des genetisch codierten Vmem-Sensors ArcLight und des pHi-Sensors pHluorin-Moesin sowie spezifischer Inhibitoren überprüft und spezifiziert. Die Inhibitionsexperimente mit den genetisch codierten Sensoren bestätigen, dass die betreffenden Ionentransportmechanismen eine entscheidende Rolle bei der Generierung bioelektrischer Signale im FE einnehmen. Es konnten signifikante Vmem- und pHi-Änderungen detektiert werden, die den mit Hilfe der spannungs- und pH-sensitiven Fluoreszenzfarbstoffen DiBAC und CFDA ermittelten, vergleichbar sind. Durch einen RNAi-Screen konnten fünf Ionentransportmechanismen- und Gap Junction-Gene ausfindig gemacht werden, welche die Entwicklung des Ovars und/oder die Oogenese beeinflussen. Ein kompletter Verlust der Ovarien oder eine verringerte Größe waren als Folge des Somaknockdowns der Innexine inx1, inx3 und des DEG/ENaC-Mitglieds ripped pocket (rpk), sowie infolge des Keimbahnknockdowns von rpk zu beobachten. Ein im Soma durchgeführter Knockdown der V-ATPase-Untereinheit B vha55 führte zu größenreduzierten Ovarien mit degenerierten Follikeln ab Stadium 10A. Aufgrund der penetranten Phänotypen in den Knockdowns wird die Hypothese aufgestellt, dass die induzierte elektrochemische Fehlregulation einen massiven Einfluss auf die Organisation des Zytoskeletts hat, wodurch die Differenzierung von z. B. somatischen Stammzellen gestört und die Ovarmorphologie oder die Follikelentwicklung grundlegend beeinträchtigt werden. Vergleichbar den veränderten Zytoskeletteigenschaften in grk, führte der Somaknockdown des open rectifier K+ channel 1 (ork1) zu veränderten basalen Mikrofilament- und Mikrotubuli-Mustern. Als Folge zeigen entsprechende ork1-Follikel einen charakteristischen round-egg-Phänotyp, der dem bekannter round-egg-Mutanten ähnelt. Diese Mutanten werden mit dem Fat2-vermittelten Signalweg zur Ausbildung planarer Zellpolarität im FE in Verbindung gebracht. Zusammengefasst liefern die Ergebnisse dieser Arbeit weitere Hinweise auf eine elektrochemische Regulation von Entwicklungsprozessen durch die Beeinflussung von Signalwegen und Zytoskelettelelementen. Die Analysen der RNAi-Knockdowns und der Mutante grk deuten darauf hin, dass elektrochemische Fehlregulationen essentielle Funktionen während der Ovarentwicklung und Oogenese von Drosophila beeinträchtigen. Änderungen der bioelektrischen Eigenschaften verursachen Veränderungen in der Organisation des Zytoskeletts. Diese äußern sich in einer veränderten Morphologie des FE oder des gesamten Follikels.
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2021-02963
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2021-02963