Functional characterization of starved astrocytes and their potential role in Anorexia nervosa

  • Funktionelle Charakterisierung von ausgehungerten Astrozyten und ihre mögliche Rolle bei Anorexia nervosa

Kogel, Vanessa; Marquardt, Till (Thesis advisor); Beyer, Cordian (Thesis advisor); Kampa, Björn M. (Thesis advisor)

Aachen (2022)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2022

Kurzfassung

Anorexia nervosa (AN) ist eine psychiatrische Störung, die durch exzessiven Gewichtsverlust, ein gestörtes Körperbild und Angst vor Gewichtszunahme gekennzeichnet ist. Sie ist die dritthäufigste chronische Störung im Jugendalter mit der höchsten Sterblichkeitsrate unter psychiatrischen Störungen. Pathophysiologisch zeigen Patienten, die an AN leiden, Symptome wie hormonelle Dysregulation, erhöhte Entzündungsmarker im Blut und eine Verringerung des Gehirnvolumens. Das aktivitätsbasierte Anorexie (ABA)-Tiermodell ahmt viele Symptome dieser Erkrankung nach und ist daher gut geeignet, um AN zu untersuchen. Bei ABA-Tieren wurde ebenfalls ein Hirnvolumenverlust festgestellt, der mit einer Reduktion von GFAP-positiven Astrozyten einherging. Die Pathophysiologie der AN und die spezifische Rolle des Astrozytenverlustes sind noch nicht verstanden. Zellkulturmodelle sind valide experimentelle Werkzeuge, um zelluläre und molekulare Effekte im Zusammenhang mit Krankheiten näher zu untersuchen. Ziel dieser Studie war es, ein Astrozyten-Kulturmodell zu entwickeln, das die langfristige Nährstoffunterversorgung bei chronisch kranken Patienten mit AN widerspiegelt. Zunächst wurde die optimale Glukosekonzentration bestimmt, die einen Zustand der chronischen Unterernährung, aber keinen massiven Astrozyten-Zelltod induziert. Anschließend wurden die glukosedeprivierten Astrozyten auf Protein- und Genebene detailliert charakterisiert, wobei der Schwerpunkt auf entzündlichen und stressbedingten Faktoren lag. Zusätzlich wurden die biosynthetische Mikro(mi)RNA-Maschinerie und miRNA-Profile untersucht. Starvationsbedingte Effekte wurden auch auf ihre Reversibilität nach erneuter Fütterung mit regulären Glukosekonzentrationen getestet, analog zur ernährungsmedizinischen Rehabilitation bei Patienten mit AN. Die optimale Glukosekonzentration, um Semi-Starvation zu induzieren, betrug 2 mM und löste Stressreaktionen aus, ohne die Lebensfähigkeit der Zellen zu beeinträchtigen. Astrozyten unter Semi-Starvation entwickelten eine verstärkte Entzündungsreaktion und Aktivierung der Unfolded Protein Response (UPR). Darüber hinaus deuten eine veränderte Morphologie sowie die Induktion von Markern, die mit dem proinflammatorischen A1-Phänotyp assoziiert sind, und eine verminderte Expression von Markern des antiinflammatorischen A2-Phänotyps auf eine erhöhte Astrozytenreaktivität hin. Zusammengenommen zeigen diese Daten eine erhöhte Stressreaktion nach Glukose-Entzug. Das Fehlen von Zelltod und gleichbleibender Stoffwechselaktivität deutet jedoch darauf hin, dass glukosedeprivierte Astrozyten nicht in ihrer grundlegenden Lebensfähigkeit und Funktion eingeschränkt sind. Eine erhöhte Expression von Genen, die an der oxidativen Phosphorylierung beteiligt sind, sowie eine Tendenz zur Regulation von Glukose- und Glutamattransportern deuten auf nachhaltige Veränderungen der Zellphysiologie hin. Weiterhin fanden wir heraus, dass die Starvation Veränderungen in der miRNA-Biosynthesemaschinerie und verschiedenen miRNAs verursachte. Diese spielen möglicherweise eine kritische Rolle bei dermetabolischen Umstellung und der entzündlichen Aktivität von Astrozyten. Refeeding-Experimente zeigten, dass die meisten Hunger-induzierten Reaktionen reversibel waren. Die Ergebnisse zeigen, dass Astrozyten auf chronische Glukose-Semi-Starvation mit multiplen Stressreaktionen und großen Veränderungen in der Zellphysiologie reagieren. Im Hinblick auf die vielfältigen Funktionen von Astrozyten ist ein Zusammenhang zwischen diesen erhöhten Stressreaktionen und den morphologischen und funktionellen Veränderungen, die in den Gehirnen von Patienten mit Unterernährung gefunden wurden, denkbar.

Identifikationsnummern