Ecotoxicological assessment of the wastewater treatment plant Aachen-Soers and the receiving stream before and after implementation of a large-scale ozonation plant
- Ökotoxikologische Bewertung der Kläranlage Aachen-Soers und ihres Vorflutes vor und nach Implementierung einer großtechnischen Ozonungsanlage
Wolf, Yvonne; Hollert, Henner (Thesis advisor); Schäffer, Andreas (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2021)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2021
Kurzfassung
Da die Oberflächengewässer Europas unter anderem durch die Einleitung anthropogener Spurenstoffe in einem schlechten biologischen und chemischen Zustand sind, wurde im Jahr 2000 die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) ins Leben gerufen. Ihr Hauptziel ist es einen "guten biologischen" sowie "guten chemischen" Zustand aller Oberflächengewässer bis zum Jahr 2027 zu erreichen. Kläranlagen (KA) wurden als Haupteintragsquelle von Spurenstoffen in die aquatische Umwelt identifiziert. Konventionelle KA sind häufig nicht in der Lage Spurenstoffe, wie vor allem endokrine Disruptoren (ED), ausreichend zu reduzieren. EDs können bereit in geringen Konzentrationen (pg · L-1 - ng · L-1 Bereich) zu adversen Effekten zu führen. Diese Konzentrationen sowie Mischungseffekte sind durch chemisch-analytische Standardverfahren nicht ausreichend nachweisbar. Allerdings haben Studien gezeigt, dass Effekt-basierte Methoden (EBMs) Effekte, die durch solch geringe Konzentrationen hervorgerufen werden, detektieren können. Die vorliegende Arbeit ist Teil des interdisziplinären DemO3AC Projektes, Hauptziel die Verbesserung der Abwasserqualität der KA Aachen-Soers durch eine weitergehende dessen Reinigung mit Ozon ist. Ihr Vorfluter, die Wurm, wies in den EU-WRRL Screenings einen unbefriedigenden bzw. schlechten biologischen und chemischen Zustand auf. Ziel der Arbeit war die ökotoxikologische Bewertung der Reinigungsleistung der KA Aachen-Soers vor und nach Ozonung basierend auf einem Multi-Lines of Evidence (LOE) Ansatz, der unterschiedliche EBMs beinhaltete. Die gewählten EBMs wurden bereits zuvor im SOLUTIONS bzw. NORMAN Projekt angewandt. Die eingesetzten in vivo Methoden (Alge, Daphnie, Fisch, Leuchtbakterie) zeigten, dass das ökotoxische Potential bereits durch die konventionelle Reinigung eliminiert/reduziert wurde. Allerdings wurden mit diesen Tests nur apikale Endpunkte gemessen. Effekte auf zellulärer Ebene konnten mit Hilfe von Rezeptor-basierte Tests untersucht werde. Das bereits durch die konventionelle Reinigung reduzierte östrogene Potential konnte mit Hilfe der Behandlung mit Ozon weiter reduziert werden. Darüber hinaus führte eine erhöhte Ozonkonzentration zu einer gesteigerten Reduktion des anti-androgenen Potentials. Zusätzlich wurde oberhalb der KA Aachen-Soers eine Vorbelastung der Wurm festgestellt. Unterhalb der KA kam es nicht zu einer Erhöhung des endokrinen Potentials. Dennoch kann für die beiden zuvor genannten Endpunkte ein potenzielles Risiko für Mensch und Umwelt nicht ausgeschlossen werden. Es wurde kein anti-östrogenes und androgenes Potential auf der KA gefunden. Messungen von Einzelsubstanzen konnte die Wichtigkeit von Mischungseffekten bei der Untersuchung von EDs zeigen. Der Reproduktionstest mit Potamopyrgus antipodarum wies ebenfalls auf eine Vorbelastung der Wurm hin. Zusätzlich wurde unterhalb der KA eine erhöhte Reproduktionsrate sowohl vor als auch nach Ozonung festgestellt. Der Reproduktionsversuch zeigt, dass auch abiotische Faktoren (z.B. Temperatur) hinsichtlich der Effekte im Freiland eine entscheidende Rolle spielen. Untersuchungen mit juvenilen Regenbogenforellen (Onchorhynchus mykiss) zeigten sowohl vor als auch nach Ozonung keinen signifikanten Einfluss der KA Aachen-Soers auf die untersuchten Biomarker (Gentoxizität, Detoxifizierung, Vitellogenin, Genexpression, Neurotoxizität). Zuletzt wurde das Fraßverhalten von Gammarus pulex sowie deren chemische Belastung und damit potenziell chronische Effekte durch Toxic Units (TU) bestimmt. Es wurde kein eindeutiger Effekt auf das Fraßverhalten nachgewiesen. Allerdings konnte an allen beprobten Stellen vor und nach Ozonung potenziell chemische Einflüsse auf Gammarus pulex gemessen werden. Zusammenfassend konnte mit der hier vorliegenden Studie demonstriert werden, dass das endokrine Potential mittels Ozonbehandlung reduziert oder nicht negativ beeinflusst wurde. Weiterhin konnte die allgemeine chemische Belastung reduziert werden, was langfestig zu einer geringeren chemischen Belastung in der Wurm führen wird. Effekte auf Organismenebenen konnten mit Hilfe von Freilandversuchen bestimmt werden, wobei hier abiotische Faktoren die untersuchten Endpunkte beeinflussen können. Demnach stellt ein Multi-LOE Ansatz eine gute Methode dar, um solch komplexe Fragestellungen beantworten zu können. Weiterhin konnte durch die gefundenen Ergebnisse gezeigt werden, dass EBMs bei der Bewertung von Chemikalien mehr Anwendung finden müssen. Andere Projekte (NORMAN, SOLUTIONS) bereiteten bereits eine Basis für die weitere Verwendung dieser Methoden. Allerdings müssen regulatorisch akzeptieren Bewertungskriterien definiert werden, damit sie eine gezielte Anwendung finden.
Einrichtungen
- Fachgruppe Biologie [160000]
- Lehrstuhl für Umweltbiologie und -chemodynamik [162710]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2021-07201
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2021-07201