Pollution in urban environments: levels and profiles of traffic and other organic contaminants in street run-off and atmospheric particles

Fuchte, Hanna Elisabeth; Schäffer, Andreas (Thesis advisor); Smith, Kilian E. C. (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2022, 2023)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2022

Kurzfassung

Der urbane Raum ist Zentrum zahlreicher anthropogener Aktivitäten, wie Mobilität, Siedlung, Nutzung von Ressourcen und Produktion von Waren und Chemikalien, von Abfällen, Abwasser und Emissionen, die die städtische Umwelt (d.h. ihre einzelnen Kompartimente wie Luft, Wasser, Vegetation etc.) in vielerlei Hinsicht beanspruchen und belasten. Städtische Schadstoffe, darunter Feinstaub und die an diesen gebundenen organischen Substanzen, gelangen über unterschiedlichste Eintragspfade in die Umwelt, verteilen sich infolge zwischen den verschiedenen Umweltmatrizes und richten dort potenziell Schaden an. Mögliche Pfade sind atmosphärische Emissionen (z.B. durch Kraftstoffverbrennung) und anschließende Ablagerungsprozesse, Straßen- und Reifenabrieb, Auswaschung und Freisetzung von Fahrzeugteilen, Baumaterial und Wohninnenräumen sowie verschiedene Aktivitäten der städtischen Landnutzung. Ein Teil dieser Schadstoffe gelangt schließlich in den Oberflächenabfluss, der dann von Straßenabläufen aufgefangen wird. Bei starken Regenfällen gelangen hierdurch komplexe Schadstoffgemische in die Kanalisation und können bei unzureichender Behandlung in Regenwasseraufbereitungsanlagen erheblich zur Verschmutzung der Gewässer beitragen. Zahlreiche Faktoren, wie klimatische Bedingungen, Verkehrscharakteristika und Stadtstruktur beeinflussen die Verschmutzungssituation in städtischen Umgebungen, so dass Schadstoffkonzentrationen räumlich und zeitlich variieren. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit von standortspezifischen Untersuchungen. Inhalt dieser Arbeit war die Entwicklung und Anwendung geeigneter Instrumente und Methoden zur Beprobung und zur Charakterisierung von organischen Schadstoffen in verschiedenen Umweltmatrizes einer mittelgroßen Stadt. Standorte mit hoher Verkehrsbelastung wurden beprobt und ein breites Spektrum organischer Substanzen wurde sowohl in luftgetragenen Partikeln als auch in der wässrigen und partikulären Fraktion von Straßenabflüssen gemessen. Das übergeordnete Ziel bestand darin, die Quellen und die Art dieser städtischen Verschmutzung besser zu verstehen, um ihre Auswirkungen auf die Umwelt besser beurteilen zu können. Die Untersuchung der luftgetragenen Partikel erfolgte in einem multidisziplinären Ansatz. Zunächst wurde die räumlich-zeitliche Verteilung und die Größenverteilung von atmosphärischen Partikeln mithilfe eines Messfahrrads mobil erfasst. Im Anschluss wurden an besonders stark belasteten Standorten Partikelproben inhalierbarer Größe (≤2,5 µm; PM2.5) gesammelt und mit Hilfe von Gaschromatographie und Massenspektrometrie auf ein erweitertes Set an 48 polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) hin analysiert. Die gemessenen PM2.5-Massekonzentrationen waren niedrig (im Mittel 3,2 μg/m3), zeigten jedoch sichtliche räumliche Schwankungen, eine Dominanz an kleinen, besonders gesundheitsrelevanten Luftpartikeln und überschritten teilweise den von der WHO empfohlenen Jahresmittelwert von 5 µg/m3. Das breite Spektrum an in der Partikelphase gemessenen PAK ermöglichte die Einordnung der PAK-Quelle als überwiegend pyrogen (rutschenförmiges Verteilungsmuster der alkylierten PAK) und ließ zusätzliche Annahmen bspw. über die Verbrennungsquelle oder das Alter der Luftmasse zu. Zudem konnte gezeigt werden, dass in städtischen Feinstäuben die Nicht-EPA-PAK (insbesondere die Dibenzopyren-Isomere und 7H-Benzo[c]fluoren) mit ca. 60-80% einen hohen Beitrag zur Gesamt-PAK-Toxizität leisteten. Diese Beobachtungen wären basierend auf der üblicheren Analyse der 16 US-EPA PAK nicht möglich gewesen. Die Analyse eines ähnlich breiten Sets an PAK sollte in zukünftigen Studien, wenn möglich, daher unbedingt berücksichtigt werden. Für die Untersuchung der Schadstoffe in Straßenabwässern erfolgte zunächst die Entwicklung geeigneter Methoden, um die von Straßenabläufen im Untersuchungsgebiet gesammelten Abwässer lokal zu beproben. Dies umfasste Methoden zum Auffangen der Partikelfraktion, aber auch der Wasserfraktion für die Entnahme von Schöpfproben und die Installation von integrativen Passivsammlern, jeweils über den Zeitraum von einem Monat. Für die verwendeten Silikon-Passiv-Sammler wurde zunächst eine neue Kalibrierungsmethode zum kinetischen ‚Passive Sampling‘ in der Wasserphase entwickelt. Die Methode basiert auf der Messung des Massenverhältnisses der Schadstoffe in zwei parallel eingesetzten Passivsammlern mit unterschiedlichem Oberfläche-Volumen-Verhältnis (contaminant mass ratio (CMR) calibration). Die CMR-Kalibrierung wurde sowohl in Straßenabflüssen eines Rückhaltebeckens für Autobahnabwässer als auch in städtischen Straßenabläufen erprobt und ermöglichte die zuverlässige Bestimmung der bioverfügbaren Konzentrationen von PAK in einem Hydrophobizitätsbereich von log KOW 3,8-7,24. Die Methode funktioniert sowohl eigenständig als auch als ergänzender Ansatz zur Kalibrierung mit ‚Performance Reference Compounds‘ (PRC), die üblicherweise beim kinetischen ‚Passive Sampling‘ verwendet werden. Insgesamt konnte mithilfe der entwickelten und erprobten Ansätze in den Straßenabläufen ein umfangreicher Einblick in die Anwesenheit und die Quantität eines breiten Spektrums an PAK (GC-MS-Analyse) sowie zudem an polaren organischen Schadstoffen (LC-HRMS-Analyse) in Wasser und Partikelfraktion gewonnen werden. Eine zusätzliche Charakterisierung der Zusammensetzung der Partikelfraktion durch mikroskopische und chemische Analysemethoden erleichterte die Einordnung der Schadstoffanalyseergebnisse. Die Straßenablaufproben wiesen zu hohen Anteilen verkehrsbedingte Substanzen wie Gummi- und Kunststoffadditive und Korrosionsinhibitoren jedoch auch Industriechemikalien auf (oberer ng/L - niedriger µg/L Bereich im Wasser und oberer µg/kg Bereich im trockenen Sediment). Pestizide und perfluorierte Alkylverbindungen waren im unteren ng/L bzw. µg/kg dw Bereich messbar. Darüber hinaus wurden mögliche Einflüsse von Hausabwässern auf den Straßenabfluss beobachtet, angezeigt durch die Anwesenheit von Arzneimitteln, Stimulanzien und Lebensmittelinhaltsstoffen. In der Partikelfraktion waren zudem insgesamt 62 PAK mit Gesamtkonzentrationen im unteren mg/kg dw messbar. Die PAK-Alkyliertenverteilung und der Grad der aromatischen Kondensation wiesen auf eine pyrogene PAK-Quelle hin, mit leichten petrogenen Einflüssen. Zwischen dem Alkylierungsindex und dem Anteil an Reifenpartikeln im Sediment konnte eine negative Korrelation festgestellt werden. Auch in den Straßenablaufproben machten die Nicht-EPA-PAK 60-80% der Gesamt-PAK-Toxizität aus, und es erscheint weiter untersuchenswert, ob ein TEQtotal / TEQEPA Verhältnis von 3-5 möglicherweise typisch für urbane, vorwiegend verkehrsbedingte Partikelproben ist. Sollte dieses konstant sein, könnten genauere Abschätzungen der PAK-Toxizität auch für diejenigen Datensätze vorgenommen werden, bei denen nur 16 EPA-PAK gemessen wurden. In einem Vergleich mit gesetzten Grenzwerten der Europäischen Kommission bzw. dem Kanadischen Rat der Umweltminister zeigte sich, dass für die PAK in den Straßenabwässern teilweise Verdünnungsfaktoren von bis zu 50 erforderlich wären, um mit Eintritt in die Gewässer Konzentrationen unterhalb der herangezogenen Grenzwerte zu gewährleisten. Insgesamt wurde die Wichtigkeit deutlich, durch die Berücksichtigung verschiedener Umweltmatrizes, ein breites Spektrum an Substanzen zu erfassen und die Liste der prioritären Stoffe ständig zu überarbeiten und erweitern. Dies gilt insbesondere, weil einige der gemessenen Schadstoffe in hohen Konzentrationen und/oder Häufigkeiten aufzutreten scheinen oder von bisher unberücksichtigter Umweltrelevanz sind, beispielsweise durch ihre hohe Toxizität/Kanzerogenität oder ihre Mobilität und Persistenz in wässrigen Systemen.

Einrichtungen

  • Fachgruppe Biologie [160000]
  • Lehrstuhl für Umweltbiologie und -chemodynamik [162710]

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