Exposure of Bombus terrestris to anthropogenic pollutants in urban and agricultural habitats and their effects
Benner, Lena; Schäffer, Andreas (Thesis advisor); Brack, Werner (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2023)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2023
Kurzfassung
Bestäuber sind wichtige Schlüsselarten für gesunde Ökosysteme, denn sie erbringen die Ökosystemleistung der Bestäubung von Wildblumen und Nahrungspflanzen. Ihre Zahlen sind jedoch seit Jahren rückläufig, was zu einem Mangel an Bestäubern und daraus resultierend, Bestäubung führt. Bienen sind in der Öffentlichkeit wahrscheinlich die bekanntesten Bestäuber. Sie haben viele Personenkreise dazu inspiriert, aktiv zu werden und mehr Schutz für Bienen zu fordern, insbesondere in der Landwirtschaft. In der wissenschaftlichen Gemeinschaft wird die Westliche Honigbiene Apis mellifera am häufigsten als Modellart in der Bestäuber-Forschung verwendet. In mehreren Studien wurde festgestellt, dass A. mellifera keine geeignete Modellart für die mehr als 200.000 wildlebenden Bienenarten ist, da sie hochgradig domestiziert ist, in Bienenstöcken mit mehreren tausend Individuen lebt und somit kleinräumige Auswirkungen durch die schiere Anzahl der Individuen abfedern kann. Über andere Bienenarten, wie z. B. Solitärbienen, liegen jedoch nur wenige bis gar keine Daten vor. In dieser Studie untersuchen wir, ob die einheimische Hummelart Bombus terrestris (Dunkle Erdhummel) als Modellart für ganzheitliche Biomonitoring-Projekte geeignet ist, in denen verschiedene Klassen von anthropogenen Schadstoffen gemessen werden. B. terrestris ist mit einem dichten Fell bedeckt, hat eine kurze Flugdistanz (~800 m), ist in ganz Europa weit verbreitet und kann kommerziell gezüchtet werden, was sie zu einer idealen Art für das Biomonitoring mit kleiner räumlicher Auflösung macht. Das hier beschriebene Projekt konzentrierte sich auf zwei Hauptfragen: 1) Welchen anthropogenen Schadstoffen sind Bestäuber in typischen Landnutzungsszenarien ausgesetzt und in welchen Konzentrationen? 2) Verursachen diese feldrealistischen Konzentrationen nachteilige Effekte bei Hummeln? In einer zweijährigen Feldstudie haben wir kommerzielle Hummelvölker an städtischen und landwirtschaftlichen Standorten in der Umgebung von Aachen, Deutschland, aufgestellt. Arbeiterinnen, Puppen und Honig wurden gesammelt, mit einem modifizierten QuEChERS-Verfahren extrahiert und auf 25 Zielpestizide untersucht. Darüber hinaus wurden weitere Sammlerinnen auf 12 Zielmetalle untersucht. Insgesamt wurden Rückstände von 15 verschiedenen Pestiziden gefunden. Die am häufigsten gefundenen Pestizide waren das Herbizid Prosulfocarb (36,4 % der Sammlerinnen) und das Fungizid Flutolanil (15,9 % aller Sammlerinnen). 33 % der Sammlerinnen trugen Mischungen von Pestiziden an sich (>1 Pestizid pro Insekt). Häufig beobachtete Mischungen in den Sammlerinnen waren Prosulfocarb-Difenoconazol, Boscalid-Azoxystrobin und Azoxystrobin-Difenoconazol. Im Allgemeinen wiesen die Puppen geringere Pestizidkonzentrationen auf als die adulten Sammlerinnen, mit mittleren kumulativen Konzentrationen von 6,0 ng/Individuum bei den Sammlerinnen und 3,3 ng/Individuum bei den Puppen in landwirtschaftlichen Gebieten. Nur vier Wirkstoffe wurden in Honigproben nachgewiesen. Für (Halb-)Metalle wurden im April und Juli mittlere kumulative Konzentrationen von 258,6 ± 65,1 mg/kg Trockengewicht und 383,6 ± 59,3 mg/kg Trockengewicht auf den Sammlerinnen gemessen. Signifikante Unterschiede zwischen den Landnutzungsarten wurden nur bei Bor und Cadmium festgestellt. Eine maximale Konzentration von 1,66 mg/kg dw Cd (63,8 µg/Hummel) wurde gemessen. Weder für Pestizide noch für (Halb-)Metalle oder deren Kombination konnten landnutzungsspezifische Belastungsprofile ermittelt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Pestizide und Schwermetalle an allen untersuchten Standorten vorkommen, unabhängig von der Landnutzungsart. Dabei scheint es sich aber eher um Einzelvorkommen als um Massenvergiftungen zu handeln. In den folgenden Toxizitätstests wurden drei prioritäre Schadstoffe untersucht: Cadmium, Terbuthylazin und Difenoconazol. Sie wurden als Einzelsubstanzen und binäre Gemische in einem standardisierten oralen Toxizitätstest (OECD-Richtlinie 247) getestet. Terbuthylazin und Difenoconazol verursachten in den geprüften Konzentrationsbereichen keine Mortalität (NOED ≥22 µg/Hummel bzw. ≥903 μg/Hummel). Cadmium verursachte Mortalität mit einer LD50 von 6,70 µg Cd/Biene und Effekten bei ED50= 1,92 µg Cd/Biene nach 48 h. In den binären Mischungen mit Pestiziden stieg die Toxizität von Cadmium auf LD50= 2,84 µg Cd/Hummel mit Terbuthylazin und 1,58 µg Cd/Hummel mit Difenoconazol (Synergismus). Weiter wurde ein neuartiger Test zur Bewertung der Mobilität von Individuen in einer Flugarena entwickelt, der die Empfindlichkeit des Wirkungsnachweises im Vergleich zu oralen Mortalitätstests verbesserte. Signifikante Unterschiede zwischen der Mobilität der Test- und der Kontrollgruppe wurden bereits bei einer Dosis von 0,59 µg Cd/Hummel gemessen. Die Ergebnisse der oralen Tests zeigen, dass es wichtig ist, Schadstoffmischungen zu berücksichtigen, wenn es darum geht, die schädlichen Auswirkungen in realen Feldsituationen zu bewerten. Die Ergebnisse des Mobilitätstests deuten darauf hin, dass schädliche Auswirkungen auf die Mobilität von Hummeln und damit auf das Überleben von Hummelvölkern, bereits bei den im Feld gemessenen Konzentrationen auftreten könnten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich B. terrestris als geeignete Art für Biomonitoring-Ansätze erwiesen hat, da sie leicht zu handhaben und temperaturresistent ist, ihre Handhabung weniger aufwändig ist als die der Honigbiene und sie vergleichsweise günstig ist. Da B. terrestris sowohl zur Überwachung von Feldkonzentrationen als auch zur Bewertung ihrer Toxizität verwendet werden kann, lassen sich direkte Zusammenhänge zwischen Exposition und Wirkung herstellen, ohne dass eine Extrapolation z. B. auf Artebene erforderlich ist. Die in dieser Studie gesammelten Daten könnten als Grundlage für ein nationales/globales Monitoringsystem verwendet werden. Wir haben gezeigt, dass wildlebende Bestäuber Mischungen verschiedener Stoffe ausgesetzt sind, die unterschiedliche Stoffkategorien umfassen. Die Auswirkungen dieser Mischungen können bisher nicht zuverlässig vorhergesagt werden. Daher ist es wichtig, dass die Auswirkungen von Stoffgemischen in die geltenden Vorschriften und Monitoringprogramme aufgenommen werden.
Einrichtungen
- Fachgruppe Biologie [160000]
- Lehrstuhl für Umweltbiologie und -chemodynamik [162710]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2023-03311
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2023-03311