Physiologically based pharmacokinetic modelling in health and disease for the support of pharmacotherapy
Fendt, Rebekka Konstanze; Blank, Lars M. (Thesis advisor); Küpfer, Lars (Thesis advisor)
Aachen : RWTH Aachen University (2022, 2023)
Doktorarbeit
Dissertation, RWTH Aachen University, 2022
Kurzfassung
Die Leber ist das zentrale Entgiftungsorgan des Körpers und metabolisiert Fremdstoffe wie Medikamente. Eine Schädigung der Leber durch Zirrhose verändert viele Prozesse, die für die Aufnahme, Distribution, Metabolisierung und Exkretion (ADME) von Medikamenten wichtig sind. Diese Veränderungen beeinflussen den Medikamentenspiegel im Blut von Patientinnen und Patienten und dadurch die Wirkung von Medikamenten. Modellgestützte Präzisionsdosierung (model-informed precision dosing, MIPD) ist ein Ansatz aus der personalisierten Medizin, der die Wahl individueller Dosierungen unterstützen könnte. In dieser Dissertation wurde untersucht, welchen Beitrag physiologiebasierte pharmakokinetische (PBPK) Modelle zukünftig für MIPD bei Leberzirrhose leisten könnten. Ein zentrales Problem ist bisher, dass Veränderungen der Pharmakokinetik (PK) bei Leberzirrhose noch nicht ausreichend gut verstanden sind, um präzise Vorhersagen zu treffen. Verschiedene PBPK Modellierungsstudien tragen zu diesem übergeordneten Ziel bei. Zunächst wurden die Auswirkungen von Leberzirrhose auf die Pharmakokinetik in einem Mausmodell charakterisiert. Die erwarteten Veränderungen wurden mit PBPK Modellen auf der Basis von Expressionsdaten vorhergesagt und anschließend überprüft. Entgegen den Erwartungen war der Medikamentenstoffwechsel sehr robust, obwohl die Lebern der Mäuse starke Schädigungen aufwiesen. Zudem waren die Konzentrationen von glukuronidierten Metaboliten im Blut erhöht. PBPK Simulationen und Experimente identifizierten erhöhten Transport von Glukuroniden aus den Hepatozyten ins Blut als wahrscheinlichsten Mechanismus. Sowohl die Robustheit des Medikamentenstoffwechsels als auch die veränderten Glukuronidkonzentrationen könnten für das Verständnis der PK in Leberzirrhosepatientinnen und -patienten relevant sein und sollten genauer untersucht werden. Anschließend wurde untersucht, ob PBPK-Modelle für MIPD geeignet sind. Voraussetzung dafür ist, dass PBPK Modelle auf der Basis individueller Daten genauere Vorhersagen liefern als bei der Annahme von Durchschnittswerten. Eine solche Verbesserung konnte für Koffein gezeigt werden. Die Personalisierung der PBPK-Simulationen mit demographischen Parametern (Geschlecht, Größe, Gewicht, Alter) verbesserte die Vorhersage ebenso wie die Personalisierung mit dem CYP1A2 Phänotyp, welcher durch das Konzentrationsverhältnis des Metaboliten Paraxanthin zur Muttersubstanz Koffein 4 Stunden nach der Koffeingabe bestimmt wurde. Physiologische Parameter (GFR, Hämatokrit, Leberblutfluss) verbesserten die Vorhersage für Koffein dagegen nicht. Die Art der Daten, welche für die Verbesserung der pharmakokinetischen Vorhersage benötigt werden, hängt stark von der Pharmakologie der Substanz ab. Bei der Planung und Datenerhebung zukünftiger Studien sollten diese Ergebnisse berücksichtig werden. Die Ergebnisse der Dissertation zeigen das Potenzial der PBPK Modellierung für Ansätze aus der personalisierten Medizin wie MIPD. PBPK-Modelle können unterschiedlichste Arten von Patientendaten integrieren und auf dieser Grundlage gute Vorhersagen liefern. Personalisierte PBPK Simulationen könnten insbesondere bei komplexen Erkrankungen wie Leberzirrhose, die den ganzen Organismus betreffen, zum Einsatz kommen. Die Optimierung der Dosierung von Medikamenten bietet das Potential die Behandlungsergebnisse für Patientinnen und Patienten zu verbessern und die Nebenwirkungen zu reduzieren.
Einrichtungen
- Fachgruppe Biologie [160000]
- Lehrstuhl für Angewandte Mikrobiologie [161710]
Identifikationsnummern
- DOI: 10.18154/RWTH-2023-03384
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2023-03384