Signatures of cortical multisensory integration in mice performing a novel visuotactile evidence accumulation task

  • Signaturen kortikaler multisensorischer Integration in Mäusen, die einen neuen visuell-taktilen Evidenzakkumulationsversuch ausführen

Nabbefeld, Gerion; Kampa, Björn M. (Thesis advisor); Musall, Simon Fritjof (Thesis advisor)

Aachen : RWTH Aachen University (2022, 2023)
Doktorarbeit

Dissertation, RWTH Aachen University, 2022

Kurzfassung

Eine Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeitsgruppen konzentriert sich darauf zu erforschen, wie das Gehirn Informationen verarbeitet, die von unseren individuellen Sinnen stammen. Allerdings sind die neuronalen Mechanismen, die die mühelose Integration unisensorischer Eingangssignale in multisensorische Wahrnehmungen ermöglichen, nach wie vor nicht gut verstanden. Um zu untersuchen, wie neuronale Schaltkreise visuelle und taktile Informationen integrieren, haben wir ein multisensorisches Diskriminationsparadigma für kopffixierte Mäuse entwickelt. In selbigem werden zwei Sequenzen von visuellen, taktilen oder kombinierten visuell-taktilen Reizen auf beiden Seiten der Maus präsentiert. Anschließend müssen die Mäuse die Zielseite mit der höheren Rate an Reizen anzeigen, um eine Wasserbelohnung zu erhalten. Um die Integration der sensorischen Informationen über das gesamte Stimulationsintervall zu gewährleisten, wurde vor der Möglichkeit zu antworten eine sogenannte "Delay"-Periode, also eine kurze Verzögerung, eingefügt. Alle getesteten Mäuse erreichten in sämtlichen Konditionen eine hohe Erfolgsrate, mit einer verbesserten Leistung in der multisensorischen Kondition. Dieser Verhaltensversuch gab uns die Möglichkeit die neuronalen Schaltkreise zu studieren, die es den Mäusen erlauben visuelle und taktile Informationen synergetisch zu nutzen um den Verhaltensversuch zu lösen. Im Anschluss nutzten wir Weitfeldbildgebung, um die kortikale Aktivität während des Verhaltensversuches zu messen. Hierzu wurden transgene Mäuse verwendet, die den Ca2+-Indikator GCaMP6s in allen kortikalen, exzitatorischen Zellen exprimieren. Dadurch haben wir festgestellt, dass multisensorische Reize eine stärkere neuronale Aktivität hervorrufen als unisensorische Reize. Am deutlichsten wurde dies in dem rostrolateralen Assoziationsareal RL und in Teilen des medialen Frontalkortex (mFC), die zuverlässig sowohl auf visuelle als auch auf taktile Reize reagierten. Um die sensorischen Antworten besser von zeitgleich stattfindender versuchs- oder verhaltensbezogener Aktivität zu isolieren, verwendeten wir ein lineares Kodierungsmodell. Die Einbeziehung eines multisensorischen Interaktionsterms in diesem Modell verbesserte die Prognosen der Hirnaktivität signifikant. Mit diesem Ansatz konnten wir zwei Hauptmerkmale der hervorgerufenen sensorischen Antworten in Abhängigkeit der Modalität des Reizes identifizieren. Zum einen fanden wir inter-modale Inhibition, wenn Mäuse unisensorische Versuchsdurchläufe absolvierten. Hier fanden wir, neben den exzitatorischen Reaktionen im entsprechend stimulierten sensorischen Kortex, auch eine Inhibition der Aktivität im jeweils anderen sensorischen Kortex. Zum anderen, fanden wir zusätzliche, superadditive multisensorische Antworten, die über die lineare Kombination der unisensorischen Antworten hinaus gingen. Dies ist vermutlich begründet in der Abwesenheit der inter-modalen Inhibition und einer erhöhten Aktivierung der Areale RL und mFC. Um zu verstehen, wie sensorische Informationen die Formation von Verhaltensentscheidungen lenken, haben wir zunächst untersucht, welche Hirnareale Aktivität aufweisen, die die Zielseite zuverlässig widerspiegelt. Hierbei zeigte sich, dass der mediale Motorkortex die Zielseite in taktilen Versuchen zuverlässiger widerspiegelte, während die höheren visuellen Areale diese in visuellen Versuchen verlässlich reflektierten. Bei multisensorischen Versuchen spiegelten beide Regionen die Zielseite zuverlässig wider, was wahrscheinlich zu einer höheren Sicherheit der Tiere und einer besseren Erfolgsrate in multisensorischen Versuchen führte. Schließlich identifizierten wir neuronale Aktivität, die im Zusammenhang mit den Entscheidungen der Tiere stand, mit Hilfe eines entsprechenden Decoders. Solche Aktivitätsmuster fanden wir im anterolateralen Motorkortex (ALM) sowie weiteren Regionen des primären motorischen und somatosensorischen Kortex, welche in Verbindung mit Leckbewegungen der Tiere stehen. Mit diesem Ansatz konnten wir keine eindeutigen modalitätsspezifischen Unterschiede feststellen, was darauf hindeutet, dass dieselben neuronalen Schaltkreise verantwortlich sind die Entscheidungen in allen Modalitätskonditionen zu fällen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass multisensorische Stimulation weitreichende kortikale Aktivierung verursacht, welche zu einer verbesserten Erfolgsrate der Mäuse führt. Hierbei fanden wir inter-modale Inhibition in unisensorischen Versuchen, sowie superadditive multisensorische Integration in multisensorischen Versuchen, vor allem in den Arealen RL und mFC, was die Mäuse wahrscheinlich bei der Durchführung der jeweiligen Konditionen unterstützt. Sensorische Informationen werden dann über die Dauer der Stimulation in den sekundären visuellen Arealen und im medialen Motorkortex akkumuliert und anschließend im sekundären Motorkortex zusammengeführt, wo modalitätsunspezifische Entscheidungen getroffen werden. Diese Ergebnisse geben uns ein viel besseres Verständnis darüber wie das Gehirn sensorische Informationen verarbeitet und generalisiert um das Verhalten zu leiten.

Einrichtungen

  • Fachgruppe Biologie [160000]
  • Lehr- und Forschungsgebiet Molekulare und systemische Neurophysiologie [162320]

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